Mit
einem Schuh wie barfuß laufen – Das ist das Ziel, dass
Nike mit dem Modell Free verfolgt. Inwieweit dem amerikanischen Hersteller das gelingt
und ob, für wen und warum der Schuh sinnvoll ist, das soll im folgenden Test-Special beleuchtet werden.
Beim Nike Free handelt es sich nicht um einen Laufschuh, sondern um ein
Trainingsgerät. Der
Leistenaufbau ist stark an der natürlichen Beweglichkeit des menschlichen
Fußes orientiert. Die Zwischensohle ist mit tiefen Schlitzen und Kerben
versehen, die eine in herkömmlichen Laufschuhen nicht bekannte Dynamik und
Flexibilität ermöglichen. Durch die sehr tiefen Kerben in der
Zwischensohle und die geräumige Zehenbox können die Zehen ähnlich dem Barfußlauf
greifen. Auf Stabilitätselemente, Fersenkappe und einen festen Schaft
konnte dank der Tatsache, dass der Fuß seiner eigentlichen Bestimmung im
Free wieder besser nachkommen kann, verzichtet werden. Äußerst positiv ist zudem, dass der Free durch seine Konstruktion
den Abrollvorgang des Fußes über die Großzehe führt (so wie es eigentlich
immer sein sollte!). Damit der Fuß mehr seiner Leistungsfähigkeit
entfalten kann und die Eigenwahrnehmung nicht zu sehr gestört wird, wurde die
Sprengung des flach gebauten Schuhes auf ein Minimum reduziert (21 - 13
mm) und keine zusätzlichen Dämpfungselemente eingebaut.
Das Gewicht ist aufgrund der einfachen Bauweise äußerst niedrig. Selbst in
Größe US 13 wiegt der Schuh weniger als 300 g! Der Strumpfschaft sitzt
perfekt am Fuß, vorausgesetzt der Fuß ist nicht zu breit und wuchtig. Dann
könnte der Einstieg in den Schuh problematisch sein. Da das Barfußlaufen sowohl für den Supinierer als auch den Überpronierer, für
den leichten als auch den schweren Läufer zu empfehlen ist, fällt beim
Free auch die von "normalen" Laufschuhen bekannte differenzierte Zielgruppenempfehlung weg.
Lediglich sehr schweren Läufern ist der Free v. a. aus Gründen der durch
das hohe Körpergewicht reduzierten Haltbarkeit nicht zu empfehlen. Sein
Gebrauch sollte aufgrund des glatten Profils eher auf feste Wege beschränkt
werden. Bei Schnee, Matsch usw. kommt der Schuh schnell an seine Grenzen.
Der Free soll das Training mit herkömmlichen Laufschuhen nicht ersetzen,
sondern es um eine sinnvolle Variante ergänzen und zudem für Abwechslung
sorgen. Sein
Einsatzbereich ist vergleichbar dem des Barfußlaufens eher auf kürzeren
Strecken und im leichtathletikorientierten Training (z.B. Laufschule) zu
sehen. Da
der Free den Fuß kräftig fordert und schamlos alle Schwächen aufdeckt,
ist es erforderlich sich ähnlich wie an
das Barfußlaufen erst daran zu gewöhnen. Diesbezüglich gilt: Je weniger
neutral die Abrollbewegung des Läufers ist, umso mehr Zeit sollte sich der
Läufer zur Gewöhnung an den Schuh nehmen. Die Arbeit, die
herkömmliche Laufschuhe dem Fuß weitestgehend abnehmen, muss der Fuß nun
wieder selbst übernehmen. Dem Free liegt ein Trainingsplan oder sollte es
besser Gewöhnungsplan heißen (?) bei. Hierin wird empfohlen den Schuh zu
Beginn erst in der Wohnung bzw. im Alltag zu tragen und erst nach einer
Gewöhnungszeit von ein bis zwei Wochen im Training einzusetzen. Der
Läufer, der das Barfußlaufen nicht gewohnt ist, wird zu Beginn unter
Umständen den ein oder anderen Muskelkater vom Training mit dem Free
haben. Läufer, die regelmäßig barfuss unterwegs sind (bzw. über eine gut
trainierte Muskulatur verfügen), bekommen eventuell
beim ersten "richtigen" Lauf mit dem Free ein wenig Muskelkater. Von
diesem bin ich persönlich bisher verschont geblieben. Hier zeigt das
regelmäßige Barfußlaufen auf dem Rasenplatz dann doch seine Wirkung :-)
Ziel des Trainings mit dem Free 5.0 ist die Verbesserung der Kraft
in Fuß und Unterschenkel sowie die Erhöhung der Beweglichkeit. Damit soll
letztendlich eine Senkung der Verletzungsanfälligkeit erzielt werden und
der Fuß leistungs- sowie widerstandsfähiger werden. Gleiche oder ähnliche Effekte lassen sich auch
mit herkömmlichen Mitteln erzielen. Zu denken ist dabei zum einen an
Geräte wie Therapiekreisel, Kippelbretter, Ballkissen, Mental Trim Disk
usw. und
zum
anderen leisten Übungen aus der Laufschule/Lauf-ABC ebenfalls gute Dienste zur
Verletzungsprophylaxe. Regelmäßig in das Training integriert helfen sie
den Laufstil zu verbessern, was sich auch wieder positiv auf die
Laufleistung auswirkt. Erwähnt werden
sollte allerdings noch, das die einfachste die kostengünstigste
Alternative ist - Das natürliche Barfußlaufen! Mancherorts ist es
sicherlich, abgesehen von den eigenen vier Wänden und im Urlaub am Strand,
gar nicht so einfach eine Möglichkeit zum Barfußlaufen zu finden.
Aber wer sucht, der wird fündig werden. Möglichkeiten zum Barfußlaufen bieten z. B. gut gepflegte Fußballrasenplätze
oder auch eine Tartanbahn. Trotz allem ermöglicht der Free nicht nur im
Training und das auf fast jedem Untergrund, sondern v. a. auch im Alltag
eine Simulation des Barfußlaufens. Dies wird dem Normalbürger in
Deutschland ansonsten kaum möglich sein. Deshalb ist der Nike Free auf
jeden Fall ein sehr sinnvoller, innovativer und zukunftsweisender Ansatz.
Nach der ein oder anderen fragwürdigen Entwicklung ist Nike mit dem Free
wieder ein großer Wurf gelungen. Als störend könnte da lediglich die
Tatsache empfunden werden, dass der Schuh in solch einer Farbvielfalt auf
den Markt geworfen wird, dass eine Positionierung im Lifestylebereich von
Nike zumindest versucht wird. Für uns Läufer bleibt der positive Aspekt
der Farbauswahl ;-)
Seit Mitte letzten Jahres ist der Free bereits in Laufspezialgeschäften
erhältlich. Momentan wird der Schuh auch an Sportgeschäfte ausgeliefert,
so dass er passend zum Frühjahr flächendeckend verfügbar sein wird. Die
unverbindliche Verkaufspreisempfehlung von Nike für den Free liegt bei
100,- €. Für das was er bietet ist der Preis auf jeden Fall in Ordnung.
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Den Testbericht von M. Marquardt (Autor der
Zeitschrift
Triathlon)
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